Zwar spannt der moderne Bauer im März keine Rösser zum Bestellen der Felder ein, wie es in dem alten Volkslied besungen wird. Aber er legt den Grundstein dafür, dass Genießer im späteren Jahr wieder süffiges Bier trinken können: In den ersten sonnigen Märztagen dieser Woche haben die oberfränkischen Landwirte mit der Aussaat der Sommergerste begonnen.
Rund 100 bis 120 Tage dauert es, bis aus den winzigen Gerstenkörnern goldene Ähren werden. Bis dahin benötigen sie viel Sonne, aber auch ausreichend Regen, um die für den Brauprozess so wichtigen Inhaltsstoffe wie Stärke und Eiweiß zu entwickeln. Moderne Sorten tragen wohlklingende Namen wie Amidala, Avalon, Lexy oder Ostara. Das daraus gewonnene Malz bildet den Körper des Biers – es bestimmt Geschmack, Farbe, Geruch und Aroma. Sogar die Blume des Biers, also der Schaum, wird vom Malz beeinflusst.

Oberfranken ist mit rund 170 Brauereien auf eine Million Einwohner eine Region mit einer ungewöhnlich hohen Brauereidichte. Was nur wenige wissen: In der Region wird auf rund 20.000 Hektar potenziell braufähige Gerste angebaut – das entspricht etwa einem Viertel der bayerischen Anbaufläche. Leider ist das kein Grund zum Jubeln: Seit Beginn der 2000er Jahre hat sich die Anbaufläche in Oberfranken mehr als halbiert. Denn die Braugerstenanbauer haben mit deutlich höheren Kosten und harter Konkurrenz mit anderen Ackernutzungen gerade im Bereich erneuerbarer Energien zu kämpfen. Dazu kommen noch witterungsbedingte Probleme: Frostnächte im Frühjahr gefährden nicht nur die Kirschenblüte, sondern auch die Entwicklung der Braugerste. Sowohl längere Trockenheit als auch anhaltende Regentage im Sommer beeinträchtigen Wachstum und wertvolle Inhaltsstoffe der Gerste, so dass sie im Herbst statt im Würzekocher der Brauer im Futtertrog der Viehhalter landet.
Hans Pezold aus Steinach, Gemeinde Marktleugast, ist Vorsitzender des oberfränkischen Braugerstenvereins. Er hat schon sehnsüchtig auf wärmere Temperaturen gewartet: „Wir wollen so früh wie möglich raus, denn dann sind die Chancen hoch, dass wir vor den Regentagen Ende Juli/Anfang August ernten können.“ Am Donnerstag hat er begonnen, rund 25 Hektar mit der Gerstensorte Caruso anzusäen. „Wenn alles im Boden ist, wünschen wir uns ein wenig Regen, damit das Saatgut erfolgreich angehen kann,“ sagt Pezold. Er freut sich, dass es zurzeit schon frühmorgens hell und sonnig ist, denn die Länge des Tages bzw. die Sonnenscheindauer fördert das Wachstum der Gerste.
In den kommenden rund 120 Tagen hat die Gerste nun Gelegenheit zu wachsen, Nährstoffe anzureichern und zur Erntezeit im Spätsommer einen der vier Rohstoffe für das oberfränkische Bier zu liefern. Und dann dauert es gar nicht mehr lange, bis die Genießer ihre Bierkrüge erheben und anstoßen können: Auf die Sommergerste, die unserem Lieblingsgetränk Charakter und Fülle verleiht.
Die Bedeutung der Sommergerste für den Brauprozess
Sommergerste ist eine der wichtigsten Zutaten für die Bierherstellung. Sie enthält viele Kohlenhydrate, die für den Brauprozess essenziell sind, und hat sich gegenüber anderen Getreidearten wie Weizen durchgesetzt, da sie technologisch besser geeignet ist. Zunächst werden die Gerstenkörner in Malz umgewandelt. Sie werden eingeweicht, zum Keimen gebracht und anschließend getrocknet. Durch diesen Prozess entstehen Enzyme, die während des Maischens die Stärke der Gerste in Malzzucker umwandeln. Das geschrotete Malz wird mit Wasser erhitzt, wodurch der Malzzucker freigesetzt wird. Dieser Zucker ist entscheidend für die alkoholische Gärung und die Bildung von Kohlensäure im Bier. Die Spelzen der Gerste bilden eine natürliche Filterschicht, die hilft, die Bierwürze vom Treber zu trennen.
Autor: Norbert Heimbeck, Bierland Oberfranken e.V. (Telefon: 09221/707-115)